|
DHH841 > AGZ 09.08.09 10:36l 204 Lines 9213 Bytes #999 (360) @ FFL
BID : 98JDBO841001
Read: DHH841 GAST
Subj: HamRadio 2day 326-2009
Path: DBO841
Sent: 090809/0836z @:DBO841.#NDB.BAY.DEU.EU [LA JN68EP] OBcm1.06b59 LT:360
From: DHH841 @ DBO841.#NDB.BAY.DEU.EU (Hans)
To: AGZ @ FFL
X-Info: Sent with login password
(c) AGZ e.V. 2001-2009 DL: HamRadio 2day 326-2009
9. August 2009
Redakteur und Autor:
Ralph, DC5JQ
NISG IN KRAFT GETRETEN - OHNE AUSWIRKUNG AUF DEN AMATEURFUNK
(rps) Heute haben wir nur ein einziges Thema: Am letzten
Dienstag, den 4. August trat unter anderem Artikel 2 des
"Gesetzes zur Regelung des Schutzes vor nichtionisierender
Strahlung" (NiSG) in Kraft. Damit fallen nun ueber Nacht
zunaechst einmal ausnahmslos alle Amateurfunkstellen unter das
Umweltrecht - unabhaengig von ihrer Strahlungsleistung. Die
nun gueltige und verbindliche Regelung finden Sie im
Bundesgesetzblatt 2009 Teil I Nr. 49 vom 3. August 2009 ab der
Seite 2433 und natuerlich auf der Website der AGZ. Damit gilt
nun parallel zum Gesetz ueber Funkanlagen und
Telekommunikationsendeinrichtungen (FTEG) und der Verordnung
ueber das Nachweisverfahren zur Begrenzung elektromagnetischer
Felder (BEMFV) im Bundesimmissionsschutzgesetz eine weitere
Vorschrift, die noch einmal exakt das gleiche reguliert und
einfordert. Wir berichteten bereits mehrfach - unter anderem
unter der Ueberschrift "Warum dasselbe noch einmal?".
Neben den schon lange betroffenen gewerblichen Betreibern von
Funkanlagen sind seit dem 4. August 2009 nun erstmals auch
alle Privatpersonen, die einen Sender betreiben, vom
Bundesimmissionsschutzgesetz betroffen. Was die von seinen
Funkanlagen ausgehenden nichtionisierenden Strahlen angeht, so
ist ab sofort auch jeder Funkamateur verpflichtet, dafuer
Sorge zu tragen, dass
1. schaedliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die
nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und
2. dass nach dem Stand der Technik unvermeidbare
schaedliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmass
beschraenkt werden.
Dieses diffuse Schutzgebot bleibt zunaechst ohne jede
Konkretisierung. Belastbare Zahlenwerte sucht man im neuen
Gesetz vergebens. Was "nach dem Stand der Technik vermeidbar"
und was "ein Mindestmass" ist, das bleibt offen. Erst eine
Rechtsverordnung, die die Bundesregierung mit Zustimmung des
Bundesrates und des Bundestages nach der Bundestagswahl
erlassen wird, soll genaueres definieren. Die betroffenen
Kreise, also auch die Interessenverbaende der deutschen
Funkamateure, sollen angeblich dabei angehoert werden.
Inhaltlich erlaubt die zugrunde liegende Ermaechtigung im
Bundesimmissionsschutzgesetz unter anderem zu regeln, dass
1. die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen
entsprechen muessen,
2. die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte
Grenzwerte nicht ueberschreiten duerfen,
3. die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und
Immissionen nach in der Rechtsverordnung naeher zu
bestimmenden Verfahren vorzunehmen haben oder von einer in
der Rechtsverordnung zu bestimmenden Stelle vornehmen
lassen muessen, und
4. die Betreiber bestimmter Anlagen der zustaendigen
Behoerde unverzueglich die Inbetriebnahme oder eine
Aenderung einer Anlage, die fuer die Erfuellung von in der
Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung
sein kann, anzuzeigen haben.
Fuer gewerbliche Betreiber von Funkanlagen wurden diese
Inhalte bereits seit 1996 in der 26.
Bundesimmissionsschutzverordnung geregelt. Diese Rechtsnorm
bestimmt bisher im Wesentlichen die Hoehe der Grenzwerte fuer
elektromagnetische Hochfrequenzfelder, allerdings nur oberhalb
von 10 MHz, sowie die Pflicht zur Anzeige der Inbetriebnahme
und von Veraenderungen von Sendeanlangen spaetestens zwei
Wochen im Voraus. Ausserdem schreibt die Verordnung vor, bei
der Anzeige einer Anlage die von der Bundesnetzagentur
ausgestellte Standortbescheinigung in Kopie mit einzureichen.
Die AGZ e.V. betont noch einmal, dass ihre Bedenken
hinsichtlich der Vereinbarkeit dieser neuen Regelung mit
unserer Verfassung nicht ausgeraeumt sind. Die Regulierung ein
und desselben unteilbaren Handelns in zwei unabhaengig
nebeneinander stehenden Gesetzen verstoesst genauso gegen das
Gebot der Klarheit und gegen unsere Rechtsordnung schlechthin
wie die Existenz mehrerer Ueberwachungsbehoerden. Hierueber
werden letztlich wieder einmal die Gerichte zu entscheiden
haben.
http://www.agz-ev.de/recht/gesetze/pdf/nisg.pdf
LEX-SPECIALIS-PRINZIP: VERSUCH EINER VERFASSUNGSKONFORMEN
AUSLEGUNG
Kann man diesen Konflikt eventuell aufloesen? Was muss der
Funkamateur nach Inkrafttreten des NiSG eigentlich konkret
unternehmen? Unsere Antwort: Man kann den Konflikt vielleicht
aufloesen und der Funkamateur muss nichts unternehmen. Fuer
den Funkamateur gilt naemlich zunaechst einmal ein ganz
spezielles Gesetz: das Amateurfunkgesetz, das als primaere
Rechtsnorm seine Teilnahme am Amateurfunkdienst in Deutschland
regelt und das anderen Bestimmungen vorgeht. Dieses so
genannte Lex Specialis enthaelt hinsichtlich
nichtionisierender Strahlung die folgenden Bestimmungen:
1. Der Funkamateur berechnet oder misst elektromagnetische
Felder und Schutzabstaende seiner Funkstellen selbst. Eine
Verpflichtung zur Standortbescheinigung wird damit
ausgeschlossen.
2. Der Funkamateur schickt seine Berechnungen oder
Messungen im Rahmen einer Anzeige ausschliesslich an die
Bundesnetzagentur.
3. Zur Regelung des Schutzes von Personen vor
nichtionisierender Strahlung gilt unter der Massgabe
obiger Punkte allein Paragraf 12 des FTEG - und damit die
BEMFV.
4. Kontroll- und Ueberwachungsbehoerde ist einzig und
allein die Bundesnetzagentur.
Diese speziellen und anderen Rechtsnormen vorgehenden
Bestimmungen des Amateurfunkgesetzes schraenken das geaenderte
Bundesimmissionsschutzgesetz in Sicht der AGZ e.V. fuer
Amateurfunkstellen genauso ein, wie sie die vorgesehene
Rechtsverordnung unter diesem Gesetz binden. Das
Verwaltungsgericht Muenster geht in einer Entscheidung vom 15.
Mai dieses Jahres sogar noch weiter: Das Gericht unterstreicht
ausdruecklich das Lex-Specialis-Prinzip und betrachtet das
FTEG nebst BEMFV als ein Spezialgesetz zum
Bundesimmissionsschutzgesetz. Der Grund: Ersteres enthaelt
wesentlich weiter gehende und speziellere technische
Vorschriften fuer Funkanlagen und auch detailliertere Vorgaben
zum Anzeige- und Bescheinigungsverfahren. In dieser Sicht
stehen beide Gesetze also nicht nebeneinander, sondern das
FTEG gewinnt eindeutig: Was hier geregelt und was unter ihm
kontrolliert wird, das kann nicht noch einmal im
Immissionsschutzrecht passieren.
Konkret aendert sich in unserer Rechtsauffassung fuer den
Funkamateur also nichts: Es darf aus rechtssystematischen
Gruenden weder eine zusaetzliche Anzeigepflicht bei
Landesumweltbehoerden geben, noch duerfen diese Behoerden die
Einhaltung der Grenzwerte technisch ueberwachen oder
Amateurfunkstellen kontrollieren. Fuer all das ist auch in
Sicht der Muensteraner Verwaltungsrichter allein die
Bundesnetzagentur als ausfuehrende Behoerde zustaendig, nicht
nur im Amateurfunk.
Pruefen duerfen die Landesumweltbehoerden in Sicht des VG
Muenster maximal, ob ein Senderbetreiber die Einhaltung der
Grenzwerte der Immissionsschutzverordnung von der
Bundesnetzagentur hat bescheinigt bekommen, ob also eine
Standortbescheinigung vorliegt. Inhaltlich darf diese jedoch
von den Umweltbehoerden der Laender nicht in Frage gestellt
oder geprueft werden.
Da die Bundesnetzagentur dem Funkamateur bislang noch nicht
einmal den Eingang seiner BEMFV-Anzeige bestaetigt, geschweige
denn zur Korrektheit der Inhalte Stellung nimmt, wird dieses
Thema in Zukunft bestimmt noch ziemlich spannend. Dem
Funkamateur liegt naemlich - ausser vielleicht einem
nichtssagenden Rueckschein beim Versand per Einschreiben -
nichts vor, mit dem er eine behoerdlich attestierte
Unbedenklichkeit dokumentieren kann. Und der Netzagentur auch
nicht: Die prueft naemlich nur auf Plausibilitaet und
Vollstaendigkeit.
Vy 73,
Ralph, DC5JQ
Das war die heutige Folge von HamRadio 2day, die Sie in Packet-
Radio unter der Rubrik
AGZ
sowie auf unserer Internet-Website
www.agz-ev.de
nachlesen und auch in Digital Audio im MP3-Format hoeren
koennen. Wenn Sie moechten, koennen Sie auch Mitglied der AGZ
werden und unsere Arbeit so unterstuetzen. Den Aufnahmeantrag
finden Sie im Internet:
http://www.agz-ev.de/agzev/satzung/aufnahmeantrag.pdf
Machen Sie's gut. Bis zur naechsten Ausgabe.
--
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Zukunft Amateurfunkdienst e.V.
* Mit freundlicher Genehmigung der AGZ ins CB Packet-Radio übernommen *
73 de Hans!
Lese vorherige Mail | Lese naechste Mail
| |